1. Druckerei Krausz
2. Koschere Bäckerei und Sodawassererzeugung Kohn
3. „Ullmann-Haus“
4. Ehemaliger Standort der Synagoge (zum Video)
5. Talmud-Thora-Schule
6. Textilhandelsfirma Heinrich Grünsfeld
7. Koscheres Gasthaus, Geburtshaus Julius Deutsch
8. Jüdischer Friedhof (zum Video)
9. Mahnmal für Roma und Sinti
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Mit der Errichtung des Lackenbacher Kastells durch den Grundherrn der
Herrschaft Landsee zwischen 1548 und 1552 erlangte der Ort wirtschaftliche
Bedeutung. Aus dieser Zeit datiert auch eine erste schriftliche Erwähnung
von Juden in Lackenbach (1552). In der Folge siedelten sich auch jüdische
Familien aus Neckenmarkt hier an. Die Herrschaft Landsee - Lackenbach kam
1612 durch Heirat in den Besitz der Esterházys. Lackenbach gehörte nun zu
den Fürstlich Esterházyschen „Sieben-Gemeinden“ (hebr: Scheva Kehillot).
Von der kurzzeitigen Ausweisung 1671 durch Leopold I. waren auch jüdische
Familien Lackenbachs betroffen, durften sich jedoch bald danach wieder
ansiedeln. Seit dieser Zeit hatte der Ort einen hohen Anteil jüdischer
Bevölkerung: 1735 lebten 449 Personen jüdischen Glaubens in Lackenbach, im
Jahr 1836 waren 753 Personen jüdisch (55% der Lackenbacher Bevölkerung).
Nach 1860 setzte wie in allen Gemeinden Westungarns eine Abwanderung der
jüdischen Bevölkerung ein, sodass ihre Zahl in Lackenbach auf 346 im Jahr
1934 sank.
Das Zentrum der jüdischen Bevölkerung befand sich im Viertel zwischen
Hauptplatz, Bergstraße, Schloßgasse und Brunnengasse. Zu den religiösen
Einrichtungen zählten neben der nicht mehr existenten Synagoge in der
Brunnengasse, eine Ende des 18. Jahrhunderts gegründete Talmudschule, ein
rituelles Bad (Mikwa) und der Friedhof in der Bergstraße, der mit 1770
Gräbern erhalten geblieben ist. Hier befindet sich auch das Grab von Arthur
Schnitzlers Urgroßvater Markus Mordechai Schey. Ihm und seinem jüngeren
Bruder, Baron Philipp Freiherr Schey, dessen Grab sich ebenfalls hier
findet, setzte Schnitzler in „Der Weg ins Freie“ ein literarisches Denkmal.
Auch von der bekannten Rabbiner-Dynastie Ullmann befinden sich Gräber auf
diesem Friedhof.
Noch am Abend der Machtübernahme der Nationalsozialisten im März 1938
wurden in Lackenbach Geschäfte jüdischer Kaufleute geplündert und nur wenige
Zeit danach ein großer Teil der Lackenbacher Jüdinnen und Juden auf
Lastwagen nach Wien zwangsumgesiedelt. 1942 wurde die Synagoge gesprengt. An
sie erinnert heute eine Gedenktafel. Etwa 190 Juden und Jüdinnen, die in
Lackenbach geboren wurden und dort bis 1938 lebten, kamen im Holocaust um.
Kurze Beschreibung des Rundganges
Als Ausgangspunkt für einen Rundgang eignet sich die Schloßgasse. Im
zweistöckigen Haus Nr. 1 befand sich die Druckerei Krausz. Gleich
anschließend daran, am Hauptplatz Nr. 9, hatte Ignaz Kohn eine koschere
Bäckerei und Sodawassererzeugung. Das Haus Nr. 7 auf der linken Straßenseite
ist das ehemalige „Ullmann-Haus“. Hier lebte der Lederhändler Leo Ullmann,
Sohn der berühmten Rabbiner-Dynastie Ullmann, die über 100 Jahre in
Lackenbach wirkte. Israel A. Glück beschreibt seine Kindheitserinnerungen an
das Haus in seiner Autobiographie „Kindheit in Lackenbach“. Und auch der
Wiener Journalist Otto Abeles widmete in der Wiener Morgenzeitung am 16.
Februar 1927 in seinem Artikel über Lackenbach eine kurze Beschreibung
dieses Hauses. Dem Haus gegenüber zweigt die Brunnengasse ab. In diesem
Straßenzug stand die Synagoge links in der Biegung der Gasse. Gegenüber
befand sich das jüdische Lehrhaus, das als Talmud-Thora-Schule und
Gebetshaus für Talmudschüler genutzt wurde. Teile des Gebäudes wurden in den
bestehenden Neubau integriert.
Zurück auf der Bergstraße findet sich auf der rechten Seite das Haus Nr.
14. Dies war das Geschäftshaus der Textilhandelsfirma von Heinrich
Grünsfeld. Sein Sohn Mordechai Grünsfeld wuchs in diesem Haus auf und
erinnert sich im Buch „Vertrieben. Erinnerungen burgenländischer Juden und
Jüdinnen“ über das Lackenbach seiner Jugendjahre.
Der Weg führt nun die Bergstraße hinauf. Auf Nr. 19 war das koschere
Gasthaus untergebracht. In diesem Haus wurde 1884 der Schutzbundführer und
Sozialdemokrat Julius Deutsch geboren. Er war als Schutzbundführer an den
Februarkämpfen 1934 beteiligt und kämpfte ab 1936 an der Seite der
Republikaner im spanischen Bürgerkrieg. 1940 emigrierte er in die USA, von
wo er 1946 nach Österreich zurückkehrte.
Nach weiteren ca. 300 m kommt man schließlich durch einen rechts
abgehenden Zugangsweg zum jüdischen Friedhof von Lackenbach. Der älteste
Grabstein auf dem fast 10.000 m² großen Friedhof stammt aus dem Jahre 1729.
Bis 1938 wurden hier 1747 Beerdigungen vorgenommen.
Ein Interview mit dem Meir Leker, dessen Familie zu den hohen jüdischen Feiertage in die Synagoge in Lackenbach ging, findet sich am Videokanal "Vertrieben".
Tipp:
Ganz in der Nähe befand sich auch das 1940 errichtete so genannte
„Zigeuneranhaltelager“. Dieses Lager diente nicht nur als Arbeits- und
Anhaltelager für Roma und Sinti, sondern auch als Durchgangslager für
die späteren Deportationen nach Lódz (Litzmannstadt) im November 1941
oder nach Auschwitz-Birkenau 1943. Nur 300 bis 400 der etwa 4.000 dort
festgehaltenen Roma und Sinti erlebten die Befreiung des Lagers im
Jahr 1945. Das 1984 errichtete Mahnmal für Roma und Sinti befindet
sich nur wenige Meter weiter an der Gabelung
Bergstraße-Ritzingerstraße.
Publikationen in Auswahl
[1] Galandauer, Shlomo: Memories of a refugee boy.
Unveröffentlicht. London 1999.
[2] Gaugelhofer, Benjamin: Virtuelle Rekonstruktion der Synagoge in
Lackenbach. Dipl. Arbeit an der Technischen Universität Wien. Wien
2016.
Publikation Online
[3] Glück, Israel A.: Kindheit in Lackenbach. Jüdische Geschichte im
Burgenland. (Hg. Erhard Roy Wiehn). Konstanz 1998.
[4] Krauss, Adonijahu: Lackenbach. Eine Kultur-Historische Skizze
einer jüdischen Gemeinde. Jerusalem [1950].
[5] Lang, Alfred / Tobler, Barbara / Tschögl, Gert (Hg.): Vertrieben.
Erinnerungen burgenländischer Juden und Jüdinnen. Wien 2004.
[6] Magnus, Naama G.: Auf verwehten Spuren. Das jüdische Erbe im
Burgenland. Teil 1 Nord- und Mittelburgenland. Wien 2013.
[7] Reiss, Johannes (Hg.): Aus den Sieben Gemeinden. Ein Lesebuch über
Juden im Burgenland. Eisenstadt [1997].
Alle Interviews: Michael Schreiber, 2020.
Kamera und Ton: Justin Ramon Kodnar
Schnitt: Justin Ramon Kodnar, Michael Schreiber
Website Gestaltung und Betreuung: Gert Tschögl
Die Videos wurden von der Burgenländischen Forschungsgesellschaft im Rahmen der Europäischen Tage der Jüdischen Kultur 2020 produziert.
Medienkooperation:
noviglas.online | Hrvatski akademski klub – HAK – Kroatischer akademischer Klub
In Kooperation mit: Gemeinde Lackenbach